Aus Lapa in Brasilien erhielten wir einen Brief mit einem Ausschnitt aus der „Deutschen Tageszeitung für Südbrasilien“, wonach genannte bekannte Pianistin und Schriftstellerin am 12. Juli 1926 in São Paulo im Alter von 62 Jahren gestorben ist. Diese Nachricht dürfte weitere Kreise interessieren, da die Künstlerin auf dem Monte Verità eine hervorragende Rolle spielte. Der Flügel, an dem sie oft ihre Kunst ausübte, befindet sich heute im Kursaal.
In Siebenbürgen geboren, wo ihr Vater als Sänger und Komponist ungarischer Nationallieder bekannt war, wirkte sie nach Vollendung ihrer Studien als Lehrerin im österreichischen Hochadel, in Cetinje als Musiklehrerin und Erzieherin der montegrinischen Prinzessinnen, am Hofe von Mecklenburg-Strelitz. Vom ungarischen Fürsten Bathyany nach Wien berufen, wurde sie dort ein gefeiertes Mitglied der Gesellschaft. Frauenfrage und Lebensreform bewogen sie, dem glänzenden Gesellschaftsleben zu entsagen und mit vier andern Idealisten, darunter Oedenkoven, Sohn des Großindustriellen und Schiffsreeders in Antwerpen, die bekannte Kolonie „Monte Verità“ in Ascona zu gründen.
Es entstand auf dem Berge der Wahrheit eine Erholungsstätte, ein internationaler Sammelpunkt von Schriftstellern, Künstlern, Reformern. Hermann Hesse, v. d. Schulenburg, Joh. Nohl, v. Wrangel, selbst der „unsterbliche“ Gabriele d’Annunzio etc., sodann bildende Künstler, wie Hermann [Max!] Kruse, Maler Fidus, Bildhauer Langer, Maler Erich [Ernst!] Gräser, Ida Pfaffenbach etc. hielten sich längere Zeit dort auf. Aber auch andere Berühmtheiten, wie Kurt Eisner, Erich Mühsam etc. trafen sich dort.
Sie selbst führte Konzertreisen in die Schweiz und andern Ländern aus und war schriftstellerisch, vornehmlich über Frauenfragen, sehr tätig, schrieb Bücher und für Zeitungen. Daneben war sie ein Sprachgenie, da sie sieben Sprachen fließend beherrschte. Ein Leiden bewog sie, den Süden Spaniens aufzusuchen und später nach Joinville in Brasilien zu ziehen, wo sie sich auch wieder an einer Siedlungsgründung, ähnlich Monte Verità, der „Monte Sol“ beteiligte. Sie kam dann nach Curiyba, wo sie auch am Radio wirkte; nach São Bento, und von ihrem Leiden ins Bett gezwungen, zu ihrer Schwester, Frau Pastor Brepohl nach Lapa (Parana). In São Paulo, wo sie ein Spezialist für ihr Leiden behandelte, wurde die ruhelose Erdenpilgerin von ihren langen Leiden erlöst. – Friede sei mit ihr!
Die Südschweiz, 15. September 1926.