Ende einer Naturkolonie

Nach einem bewegten Leben von etwa einem Lustrum hat die Naturmenschen-Kolonie vom Langensee ihr Ende gefunden. Auf dem Berg “Wahrheit” bei Ascona hatte Oedenkoven-Hoffmann eine Gemeinschaft gegründet, deren Zweck naturgemäßes Leben war. Die Mitglieder verschmähten jede Art von Fleischspeise, nährten sich von Gemüsen und Kräutern, wohnten in offenen Hütten und schliefen, wenn es das Wetter erlaubte, im Freien auf bloßer Erde. Ihre meiste Zeit verbrachten sie im warmen Sonnenbad. Die charakteristischen Gestalten der barfüßigen Brüder mit ihren langen Mähnen und in ihrem langen Büßerhemd waren in den Ortschaften am See bis nach Mailand hinunter wohl bekannt. Derartige Leute neigen aber leicht zum Sektenwesen und haben wenig Disziplin. Der Gründer aber stellt fest, daß die Menschen heute zu verdorben seien, um zur Urnatur zurückgeführt zu werden.

Neuigkeits-Welt-Blatt (Wien), 36. Jahrg., 12. September 1909, Nr. 208, S. 12. Online